Stachys Stachyose Diabetes Diabetiker Wintergemüse Knollen Schrebergarten
Garten, Genuss

Vergessenes Gemüse: Knollenziest

Kennt ihr Knollenziest (Stachys)? Das Wurzelgemüse war noch vor hundert Jahren bei uns eine begehrte Delikatesse der „High Society“. Indem man es aß oder seinen Gästen kredenzte, konnte man zeigen, wie wohlhabend man war.

 

Aber wieso ist Knollenziest so teuer? Das liegt einerseits daran, dass er immer frisch geerntet werden muss, weil er nur ein paar Tage haltbar ist, und andererseits ist die Ernte sehr (hand-)arbeitsaufwändig. Ein Freund von mir baut Stachys in kleinem Rahmen in Wien an, und sagt, dass er mit händischem Ausgraben, Putzen und Waschen etwa 1,5 Stunden braucht, um ein Kilo Knollenziest zu ernten.

 

Wien in den 1930ern

Besagter Freund ist Gärtner in 6. Generation und wurde auf das Gemüse aufmerksam, als ihm seine Oma eine Kindheitserinnerung erzählte: Sie hätte etwas, das aussah „wie weiße Würmer“, ausgegraben und an die Reichen verkauft – sprich, an die Wiener Ringstraßengesellschaft: Unternehmer, Bankiers. Es war auch damals schon ein Nischenprodukt – das mit Beginn des Zweiten Weltkriegs nicht mehr nachgefragt wurde und in Vergessenheit geriet.

 

Hauben- und Diabetes-Küche

Seit ein paar Jahren erleben die kleinen Knöllchen mit dem feinen Aroma aber vor allem in der gehobenen Gastronomie eine Renaissance. Aber auch für Private ist das Gemüse trotz des stolzen Preises interessant – wenn es nämlich um das Thema Diabetes geht: Es enthält eine besondere Zuckerart (Stachyose), die im menschlichen Dünndarm nicht verwertet werden kann und somit kaum Einfluss auf den Blutzuckerspiegel hat. (Ein guter Tipp übrigens auch für die Low-carb-Küche!)

 

Anfangs kann der Abbau von Stachyose im Dickdarm aber zu Blähungen führen, weshalb man die „Dosis“ langsam steigern sollte, bis sich der Körper dran gewöhnt hat (ähnlich wie bei Topinambur). Andererseits isst man vom Knollenziest aufgrund des Preises eh keine großen Mengen …

 

Feiner Geschmack

Und wie schmeckt Knollenziest? Das Spektrum reicht von artischockenähnlich bis nussig, je nach Zubereitungsart. Roh erinnert er mich an Wasserkastanien aus der asiatischen Küche – gekocht in Wasser ist er Kartoffeln am ähnlichsten. Man kann Stachys aber auch braten, frittieren, pürieren, in Essig einlegen … Schälen muss man ihn nicht.

 

In Wien kann man Stachys in der Erntezeit von Dezember bis Februar entweder direkt ab Hof kaufen (im 21. Bezirk, Infos und Preise: www.stadtgaertner.at), oder im Raritäten Eck im 5. Bezirk (www.raritaeten-eck.at).